„7 Wochen miteinander Plastikfasten“

Rede von Tanja Schorer-Dremel zur Auftaktveranstaltung der Aktion des KDFB und des VerbraucherService Bayern/Beratungsstelle Ingolstadt

17.02.2016

 

Gerne bin ich der Anfrage des Katholischen Deutschen Frauenbundes, Diözesanverband Eichstätt, gefolgt, die Schirmherrschaft für die Aktion „7 Wochen miteinander Plastikfasten“ zu übernehmen.

Durchschnittlich 117 Kilogramm Kunststoff verbrauchen wir in Deutschland pro Kopf und Jahr – das ist viel zu viel. Durch unsere Bequemlichkeit, den günstigen Preis und die praktische Seite des Plastiks haben wir die Nachhaltigkeit aus den Augen verloren. Der Konsum ist ins Unermessliche gestiegen, und fast scheint es, als könne man ohne Plastik nicht mehr leben. Es wird daher für mich ein interessanter Selbstversuch sein, in den kommenden 7 Wochen auch mein persönliches Konsumverhalten zu hinterfragen.

Bereits im Jahr 2014 hatte der VerbraucherService Bayern in den Räumen des Landratsamts Eichstätt seine Ausstellung zum Thema „Mikroplastik“ präsentiert. Zahlreiche Schulklassen haben damals die Gelegenheit genutzt, sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen.

Nun haben uns kürzlich erneut alarmierende Nachrichten erreicht. Die Anfang des Jahres von Biologen des Alfred-Wegener-Instituts veröffentlichten Fakten sollten die Menschen weltweit aufrütteln: Denn anscheinend gelangen die Plastikteilchen aus dem Meer in unsere Nahrungskette.

Schon einmal hatten die Forscher nachgewiesen, dass winzige Plastikreste im Magen vieler Tiere – auch in den von Makrele, Kabeljau und anderen Speisefischen zu finden sind. Was passiert, wenn wir diese Fische verzehren? Ob eine Gefahr für den Menschen besteht, können die Forscher derzeit noch nicht abschätzen.

Weltweit werden Lösungen gesucht. US-Präsident Barack Obama hat gerade ein Gesetz verabschiedet, das den Einsatz von Microbeads in Kosmetika ab 2017 im ganzen Land verbietet. Multinationale Konzerne haben bereits angekündigt, den Einsatz zumindest zu reduzieren.

Auch die Bayerische Staatsregierung ist längst tätig. Ein von mir initiierter und von der CSU-Fraktion in den Landtag eingebrachter Berichtsantrag vom 23.10.2014 „Mikroplastik in Bayern“, der den Kenntnis- und Forschungsstand darlegen soll, läuft längst.

Um auch das deutlich zu sagen: Panikmache ist nicht angebracht. Momentan geht das Bundesinstitut für Risikoforschung davon aus, dass durch eine Aufnahme von Polyethylen (PE)-Mikrokunststoffpartikeln in kosmetischen Mitteln über die Haut oder beim versehentlichen Schlucken keine Gefahr für den Menschen besteht.

Seit 2013 laufen Gespräche mit der Kosmetikindustrie auf Bundesebene, die den vollkommenen Verzicht auf Verwendung von Mikroplastik in Kosmetika zum Ziel haben. Hier scheint die Bundesregierung mit Bundesumweltministerin Barbara Hendriks auf einem guten Weg zu sein.

Daher ist auch die Ausgestaltung des neuen Wertstoffgesetzes von großer Wichtigkeit. Es gilt, die Recyclingquoten zu erhöhen und Anreize zur technologischen Verbesserung bei der Abfallverwertung zu schaffen.

Das Wertstoff-Gesetz soll die Verpackungsverordnung ablösen und erreichen, dass Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen, wenn sie Abfall werden, gemeinsam erfasst und verwertet werden. Dazu liegt ein Arbeitsentwurf des Bundesumweltministeriums aus dem Oktober 2015 vor. Der Entwurf sieht eine Erweiterung des existierenden Dualen Systems vor. Unter Gewährleistung einer fairen Zusammenarbeit zwischen Kommunen und privaten Entsorgern könnte dieses Gesetz wegweisend sein.

Allerdings ist Meldungen, wonach Bier und Mineralwasser mit Mikroplastikteilchen verunreinigt seien, mit Skepsis zu begegnen. Im September 2014 wurde deshalb durch das Bayerische Umweltministerium ein Forschungsvorhaben zu dem Thema „Nachweis von Mikroplastik in ausgewählten Lebensmitteln“ in Auftrag gegeben, das am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführt wird. Es sollen Untersuchungsmethoden entwickelt werden, die ermöglichen, eventuelle Belastungen von Lebensmitteln eindeutig nachzuweisen.

Da sich bisherige Untersuchungen in erster Linie auf marine Ökosysteme konzentrieren, hat die Staatsregierung bereits Anfang 2014 als erstes Bundesland ein Forschungsvorhaben mit dem Titel „Eintragspfade, Vorkommen und Verteilung von Mikroplastikartikeln in bayerischen Gewässern sowie mögliche Auswirkungen auf aquatische Organismen“ initiiert. Das Projekt, das erstmals Daten für Binnengewässer untersucht, wird vom Landesamt für Umwelt und der Universität Bayreuth durchgeführt. Ziel ist, die Eintragspfade zu erklären.

Denn Fakt ist, dass trotz vorbildlichem Recycling z.B. in Deutschland eine Lücke von mehreren Millionen Tonnen Plastikmüll existieren, von denen niemand weiß, wo sie hingelangen. 1 Drittel des Plastikmülls in Deutschland wird recycelt, 2 Drittel werden verbrannt, Industrieplastikmüll wird zu 100 Prozent recycelt. Wir können also die Wege ab Herstellung bis zur Abfallverwertung sehr genau nachvollziehen.

Es existiert mittlerweile der von Untersuchungen der TU Wien gestützte Verdacht, dass Mikroplastik-Partikel in Kläranlagen nicht ganz herausgefiltert werden können. Auch hier muss die Forschung weiter intensiviert werden, und das treiben die Staatsregierung mit Umweltministerin Scharf und wir Mitglieder des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz mit aller Macht voran.

Doch Ziel der Aktion ist es, bei uns selbst anzufangen. Denn schon Konrad Adenauer gab uns mit auf den Weg:

„Wenn wir bei uns selbst anfangen, uns zu bessern, und wenn wir uns zuerst selbst bessern, jeder von uns, dann kommen wir mit Gottes Hilfe zum inneren und äußeren Frieden.“