Offener Brief von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner zur aktuellen Debatte zur Stromtrassen-Verlagerung

21.05.2015 | Ilse Aigner


Liebe Bürgerinnen und Bürger,

in der vergangenen Woche ist nichts passiert, was den Bau einer oder mehrerer Stromtrassen wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher macht. Auch wurde zu keiner Stromtrasse Zustimmung signalisiert.

Das bayerische Wirtschaftsministerium hat in der vergangenen Woche fristgerecht eine Stellungnahme zum Netzentwicklungsplan abgegeben. Mehr nicht.

Das ist das übliche Verfahren bei der Netzausbauplanung. In mehreren sogenannten Konsultationen können betroffene Länder, aber auch Verbände oder wissenschaftliche Institutionen eine Bewertung zum Netzentwicklungsplan abgeben. Diese werden von den Übertragungsnetzbetreibern und der Bundesnetzagentur ausgewertet und teilweise bei der Überarbeitung berücksichtigt.

Die bayerische Stellungnahme enthält auch Vorschläge für Änderungen an den bislang geplanten Trassenverläufen. Eine Entscheidung für die eine oder andere Trasse ist damit – wie gesagt – nicht verbunden. Diese fällt in den politischen Verhandlungen in Berlin.

In unserer Stellungnahme haben wir dennoch einige Grundsätze zum Netzausbau formuliert, die in den bislang vorliegenden Plänen nicht berücksichtigt sind. Es war uns wichtig, darauf jetzt schon zu hinzuweisen. Keine Stellungnahme abzugeben, war für uns keine Lösung und hätte als Zustimmung ausgelegt werden können.

Die geforderten Änderungen am Verlauf des SuedLinks lassen sich leicht skizzieren: Sollte der SuedLink wirklich notwendig werden, wollen wir einen anderen Abzweig nach Bayern: Im Netzentwicklungsplan ist vorgesehen, den Norden mit Großgartach in Baden-Württemberg zu verbinden und einen Abzweig nach Grafenheinfeld zu legen. Dieser Abzweig muss aus unserer Sicht weiter südlich nach Gundremmingen verlaufen.

Dafür sprechen auch Sicherheitsargumente: Wir warnen eindringlich vor einer Überlastung des geplanten Netzknotenpunktes Grafenrheinfeld. Die Fülle der dort bestehenden und geplanten zusammenlaufenden Leitungen (u.a. die Thüringer Strombrücke) stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Das lässt sich durch eine Verlegung des Endpunktes nach Gundremmingen auflösen.

Außerdem dient der SuedLink der Versorgung der Verbrauchszentren im Süden: Baden-Württemberg und Bayern. Was Bayern in jedem Fall fordert, ist eine gerechte Lastenverteilung zwischen den möglichen Profiteuren. Nach jetzigen Planungen soll der Freistaat mit Abstand am meisten neue Trassen schultern. Das ist nicht einzusehen.
Um es konkret zu machen: In Bayern sollen ca. 420 km, in Baden-Württemberg ca. 130 km und in Hessen auf ca. 190 km neue Trassen entstehen. Fair ist das nun wirklich nicht.

Für die Gleichstrompassage Südost fordert Bayern eine überwiegende Führung in Bestandstrassen und eine deutliche Verkürzung durch Festlegung eines neuen südlichen Endpunkts.

Ich halte es tatsächlich für einen bedeutenden Unterschied, ob bestehende Leitungen genutzt oder für neu zu bauende Stromtrassen zusätzliche Schneisen quer durchs Land gezogen werden. Das wollen wir verhindern.
Grundsätzlich bleibt es dabei, dass wir den Netzausbau als Teil eines energiepolitischen Gesamtpakets betrachten: Wir brauchen zuerst Antwort auf die Frage, wie wir im Süden zu gesicherter Leistung kommen. Und wir wollen die Möglichkeiten der Energieeffizienz und –Einsparung besser nutzen.

In einem können Sie sich in jedem Fall sicher sein: Wir vertreten kraftvoll die bayerischen Interessen!/IA