Stellungnahme zum 2. Entwurf des Netzentwicklungsplans 2024 (NEP)

13.05.2015 | Tanja Schorer-Dremel


Sehr geehrte Damen und Herren,

der von den Übertragungsnetzbetreibern vorgelegte 2. Entwurf des Netzentwicklungsplans 2024 (NEP) wird von mir abgelehnt.

Begründung:

Der Koalitionsausschuss hat am 24.02.2015 in Berlin festgelegt, dass eine grundsätzliche Entscheidung über die Notwendigkeit sowie die Ausgestaltung des Netzausbaus erst im Juni 2015 nach der Festlegung weiterer, auf den Bedarf an zusätzlicher Übertragungskapazität Einfluss nehmender Rahmenbedingungen getroffen wird. Da viele Entscheidungen – wie z.B. über das zukünftige Strommarktdesign, die KWKG-Novelle sowie den grundsätzlichen weiteren Fahrplan bei der Energiewende – auf Bundesebene  noch nicht getroffen sind, erscheint eine Bewertung des NEP zum jetzigen Zeitpunkt äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich.

Ungeachtet dessen ist es Tatsache, dass sich zahlreiche Bürger meines Landtagsstimmkreises in Veranstaltungen und im persönlichen Gespräch mit mir gegen Stromtrassen ausgesprochen haben. Ihre Sorge, dass die Trasse die Gesundheit der Bürger gefährde und das Landschaftsbild beeinträchtige, teile ich. Außerdem widerspricht der Bau von Trassen einer Energiewende, die auf dezentrale und erneuerbare Energiequellen setzt.

Dies hat auch der kürzlich in Bayern geführte Energiedialog gezeigt, der wichtige Erkenntnisse zur Energiewende brachte:

Zunächst gilt es, Energie zu sparen und Effizienz zu steigern. Bayern wird mit seinem 10.000-Häuser-Programm „EnergieSystemHaus“ die Steigerung des Selbstversorgungsgrades mit hoher Energieeffizienz und intelligenter Verknüpfung von Wärme und Strom, Speichern und Netzen verknüpfen und damit Bauherren fördern.

Die Bedeutung von Stromspeichern nimmt mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien weiter zu. Speicher sind notwendig, um die Erzeugungsspitzen aufzunehmen und zeitversetzt wieder zur Verfügung zu stellen. Ohne Speicher wird mit zunehmendem Zubau von volatilen erneuerbaren Energien nur der Überschussstrom exportiert, ohne in den Phasen ohne Wind und Sonne einen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Bayern fördert bereits heute mit jährlich über 50 Mio. Euro die Speichertechnologieforschung, insbesondere die Batterieforschung.

Der Anteil der konventionellen Energieträger wird auf lange Sicht bei 60 Prozent liegen. Konventionelle Gas- und Kohlekraftwerke sind auf absehbare Zeit unverzichtbar. Für Bayern sind Gaskraftwerke von besonderer Bedeutung. Redispatch-Vereinbarungen für Gaskraftwerke wie z.B. in Irsching werden von der bayerischen Staatsregierung ausdrücklich begrüßt und dienen der Erhöhung der Grundlastfähigkeit – ohne neue Stromtrassen. Vor diesem Hintergrund ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar, ob neue Stromtrassen überhaupt gebraucht werden.

All diese Gesichtspunkte werden im NEP nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt. Gleiches gilt auch für die weiteren von der Bayerischen Staatsregierung verfolgten Ziele:

 

  • Schaffung von Anreizmechanismen zur Errichtung und Betrieb von Gaskraftwerken (kurzfristig: Novellierung der Reservekraftwerksverordnung bzw. Schaffung einer Kapazitätsreserveverordnung; mittelfristig: neues Strommarktdesign);

  • Vornahme einer regional differenzierten Kapazitätsbedarfsprüfung bis einschließlich 2023 (Kernenergieausstieg);

  • Verbesserung der Rahmenbedingungen für den gezielten Ausbau der KWK;

  • Schaffung rechtlicher Voraussetzungen, damit bei Windenergie- und PV-Anlagen die Einspeisung stärker als bisher abgeregelt werden kann (Folge: Reduktion des Netzausbaubedarfs);

  • Verstärkte Berücksichtigung der Abregelung von konventionellen Kraftwerken in Starkwind-/Sonnenspitzenzeiten zugunsten der erneuerbaren Energien (Folge: Reduktion des Netzausbaubedarfs);

  • Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen dahingehend, dass der noch erforderliche Netzausbau geringstmögliche Auswirkungen auf Bevölkerung und Landschaft hat (z.B. Ausschöpfung aller Optimierungs- und Verstärkungspotenziale im Bestandsnetz, Erdverkabelung, „elektrischer Ausgleich“ als Kompensation für Neubau, Kompaktmasten u.a.); der Netzausbau ist nur im absolut nötigen Maße umzusetzen, um v.a. die verbleibende Lücke bei der Strommengenbereitstellung zu schließen (25 TWh nach Realisierung der Thüringer Strombrücke abzüglich der durch die nötigen Kraftwerkskapazitäten erzeugten Strommenge).

Den Szenariorahmen sehe ich als wichtige Datengrundlage für den NEP an und fordere deshalb, diesen künftig nicht mehr von den Übertragungsnetzbetreibern, sondern von der Bundesnetzagentur als unabhängiger Behörde erstellen zu lassen.

Daher lehne ich den vorgelegten NEP ab.