zum Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Integrationsgesetz - Drucksachennummer: 17/13603

18.10.2016

 
Antrag der Abgeordneten
Kreuzer Thomas, Zellmeier Josef, Blume Markus, Fackler Wolfgang, Gerlach Judith, Dr. Goppel Thomas, Guttenberger Petra, Dr. Herrmann Florian, Holetschek Klaus, Dr. Hopp Gerhard, Dr. Huber Martin, Huber Thomas, Imhof Hermann, Kaniber Michaela, Kirchner Sandro, Neumeyer Martin, Dr. Reichhart Hans, Dr. Rieger Franz, Schorer-Dremel Tanja, Schreyer Kerstin, Stamm Barbara, Straub Karl, Trautner Carolina, Unterländer Joachim, Vogel Steffen, Prof. Dr. Waschler Gerhard

Zellmeier Josef

CSU

Der Landtag wolle beschließen:

Die Präambel wird wie folgt geändert:

1. In Satz 3 werden die Wörter ,,Menschen und" durch das Wort ,,Menschen," ersetzt und nach dem Wort ,,Leben" die Wörter ,,und die Unterscheidung von Staat und Religion" eingefügt.

2. Es wird folgender Satz 10 eingefügt:

,,10Die freiheitliche Lebensweise in einer offenen und pluralen Gesellschaft erfordert gleichermaßen gegenseitige Toleranz und Achtung der kulturellen Prägung unseres Landes."

3. Der bisherige Satz 10 wird Satz 11.

4. Der bisherige Satz 11 wird Satz 12 und nach dem Wort ,,Einheit," wird das Wort ,,Recht," eingefügt.
5. Der bisherige Satz 12 wird durch folgende Sätze 13 und 14 ersetzt:

,,13Dieser identitätsbildende Grundkonsens wird täglich in unserem Land gelebt und bildet die kulturelle Grundordnung der Gesellschaft (Leitkultur). 14Diese zu wahren, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern und Migrantinnen und Migranten zu einem Leben in unserer Gesellschaft zu befähigen, ist Zweck dieses Gesetzes."

Zu Nr. 1
Der deutsche Staat ist als solcher weltanschaulich neutral. Die Unterscheidung von Staat und Religion ist in Deutschland bewährte Staatstradition und soll daher im Text der Präambel als tragender Grundsatz der Leitkultur klar herausgearbeitet werden. So darf der Staat keine religiösen Inhalte vorgeben (Religionsfreiheit). Umgekehrt ist aber die Lösung rein säkularer Fragen primär Sache des Staates, nicht der Religionsgemeinschaften. Die Unterscheidung von Religion und Politik macht einen sog. ,,Gottesstaat" ebenso unmöglich wie die Geltung der Scharia als Ersatz für staatliches Strafrecht. Die Unterscheidung von Staat und Religion umfasst auch die rein organisatorische Trennung der sie jeweils vertretenden Organisationen. Staat und Religionsgemeinschaften stehen zwar in einem partnerschaftlichen Verhältnis, sind aber getrennt voneinander organisiert und zugleich auch inhaltlich voneinander unabhängig. Das schließt gemeinsame Angelegenheiten (sog. ,,res mixtae") und jede Form der gedeihlichen Zusammenarbeit nicht aus und lässt die grundgesetzliche Ordnung (insbesondere Art. 140 GG), Konkordate und staatskirchenrechtliche Verträge selbstverständlich unberührt.

Zu Nr. 2
Die vorgeschlagene Ergänzung der Präambel versucht, zwei wichtige Aspekte abzubilden: So soll zum einen deutlich hervorgehoben werden, dass Bayern sich in Gesellschaft und Lebensweise der Freiheit, Toleranz und Offenheit verpflichtet fühlt. Dieser freiheitliche Grundpfeiler bayerischer Identität soll daher auch in der Präambel deutlich aufscheinen. Toleranz bedeutet aber auf der anderen Seite nicht: Beliebigkeit, Relativismus oder kulturelle ,,Gleich-Gültigkeit" jeder Lebensauffassung. Keine Gesellschaft und keine Kultur kann - will sie reibungslos funktionieren - darauf verzichten, einen von der überwiegenden Mehrheit akzeptierten und daher zur allgemeinen Beachtung empfohlenen kulturellen Rahmen anzustreben, der erwartbare Regeln für Kommunikation, Umgang und gesellschaftliches Miteinander setzt. Toleranz auf der einen, allgemeine Achtung der kulturellen Prägung unseres Landes auf der anderen Seite sind daher zwei Seiten einer Medaille, die in einer freiheitlichen Grundordnung nur zusammen Sinn ergeben.

Zu Nr. 4
Sprachliche Präzisierung

Zu Nr. 5
Die Leitkultur wird nicht um ihrer selbst willen geschützt. Sie ist deshalb von Bedeutung, weil sie gelebte Grundüberzeugungen in unserem Land widerspiegelt. So wie das Grundgesetz die freiheitliche demokratische Grundordnung im Verhältnis von Bürger und Staat vorgibt und schützt, steht die Leitkultur für die kulturelle Grundordnung im Verhältnis der Bürger zueinander. Diese kulturelle Grundordnung entwickelt sich und bleibt stets offen für Neues. Sie ist auch nicht auf Ausgrenzung, sondern auf Eingrenzung gerichtet. Leitkultur hat damit eine wichtige gesellschaftliche Funktion: Sie bewahrt Zusammenhalt und Gemeinsinn, gibt Richtung und Identität. Im zentralen Satz der Präambel (der die Legaldefinition der ,,Leitkultur" einführt) soll daher klargestellt werden, dass die Leitkultur als identitätsbildender Grundkonsens gelebt wird und so die kulturelle Grundordnung der Gesellschaft bildet. Ihre gesellschaftsstabilisierende Wirkung macht Leitkultur besonders schutzwürdig. Satz 14 der Präambel soll deutlich herausarbeiten, dass der Zweck des Bayerischen Integrationsgesetzes schon aus diesem Grund nicht etwa im zweckfreien Bewahren des kulturellen Status quo besteht. Die Orientierung an der Leitkultur befähigt Migrantinnen und Migranten, in der hiesigen Gesellschaft ,,anzukommen" und sich zu integrieren.

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